Möbellieferung die Zweite

Noch während die Maler gerade in HWR und Bad beschäftigt waren, klingelte ein unwirscher Herr gehobenen Alters mit thüringischem Dialekt an der Tür.

Möbellieferung! 

Wo solln das hin? Etwa nach oben?

Ich konnte den komischen Mann beruhigen und wies den Weg in den Wohnbereich. Der grimmige Blick des Alten änderte sich nicht. Was wäre wohl geschehen, wenn ich behauptet hätte die Möbel müssten nach oben?

Hätte er kehrt gemacht und die Möbel im Wagen gelassen? Im Nachhinein würde ich ihm gar die rituelle Verbrennung des Mobiliars zutrauen. Mit so einem Unsymphaten hatte ich lange nicht zu tun.

Kontrastprogramm bei seinem jungen Kollegen. Hier gab es eine nette und höfliche Begrüßung.

Leider hatte ich es danach aber primär mit dem Alten zu tun.

Auf welche Höhe wolln se das?

Wo solln das hin?

Wo sindn die Kabelauslässe im Schrank?

Wie wirdn das angebracht?

Wierum kommtn das?

Wieso isn das so schwer?

Muss das hier rein oder oben drauf?

Fragen, die mich in der Summe daran zweifeln ließen, dass der Gute besonders geübt in der Montage der Möbel dieser Marke, ach was sage ich, überhaupt irgendwelcher Möbel wäre.

Pläne lesen

Als Antwort deutete ich wiederholt auf den Plan aus dem Möbelhaus, der vor ihm ausgebreitet lag. Darauf war auch für mich als Laien klar zu erkennen, wo genau was angebracht werden sollte. Man musste eben Lust darauf haben, diese Zeichnung auch zu lesen.

Der Alte versteifte sich im Anschluss darauf ein bestimmtes Teil zuerst montieren zu wollen. Leider musste dieses aber ein Maß von einer Vitrine erben. Also schlug ich die logische Variante vor, zuerst die Montage der Vitrine vorzunehmen.

Er wollte das so nicht. Keine Ahnung wieso, aber er hatte sich in den Kopf gesetzt dieses eine Teil zuerst zu montieren.

Ich bestand darauf, dass die Vitrine zuerst dran kommt und gewann erst, nachdem ich meinem Wunsch auch vom Ton her ausreichend Nachdruck verliehen hatte. Ich fühlte mich ein wenig an die Situationen erinnert, bei denen ich unserem Hund zum dritten Mal sagen muß, dass er Sitz machen soll. Das letzte Sitz ist dann auch immer etwas energischer und führt dann in aller Regel zum Erfolg.

Sein junger Kollege sprach derweil mit sich selbst, während er Schrankteile zusammenbastelte. Er hatte wohl schon erkannt dass mit dem Alten nicht gut Kirschenessen ist und sah in sich selbst den besseren Gesprächspartner. Ich konnte es ihm nicht verdenken.

Nach zwei Stunden war unser neues Mobiliar dann endlich angebracht.

Fast vollständig, denn leider fehlten einige Beschläge, so dass zwei Türen nun als Deko im Schrank stehen müssen, bis die Beschläge nachgeliefert werden.

Die Frechheit des Tages

Der Alte hielt mir dann auf einmal einen Kreuzschlitzschraubendreher vor die Augen und fragte mich ob ich wisse was das wäre und ob ich damit umgehen könne. Die Elastizität meiner Halsschlagader wurde auf eine harte Probe gestellt, nur mit Mühe blieb ich einigermaßen ruhig.

Allen Ernstes schlug mir der Alte vor, dass die Beschläge uns dann zugesandt würden, so dass ich die Türen selbst anbringen könne.

Angesichts des absolut indiskutablen Auftretens des Alten und wegen des im Kaufpreis einkalkulierten Aufbaus schloss ich dieses Vorgehen aus Prinzip aus. Überdies behielten wir einen Teil des Kaufpreises bis zur Nachlieferung ein.

Der Junge verabschiedete sich und der Alte brummelte etwas in seine Jacke. Ab ging die Reise für sie zurück nach Erfurt.

Am Abend dann ein Anruf vom jungen Möbelmenschen. Er war so im Selbstgespräch vertieft gewesen, dass er Pullover und Jacke bei uns vergessen hatte.

Wir schicken ihm nun ein Paket mit seinen Klamotten nach Hause.

Der Maler ist endlich fertig

Gegen Mittag waren dann tatsächlich alle Räume fertig gestrichen. Ich ging daraufhin dann mit Kreppband bewaffnet auf Fehlersuche. Die Pinselkünstler suchten dann die von mir angebrachten Kreppbandschnipsel und behoben die Unschönheiten. Natürlich habe ich nicht alle optimierungswürdigen Stellen erwischt und musste dann noch einmal selbst Hand anlegen.

Diese Akribie soll wohl nicht lange anhalten, wie mir ehemalige Bauherren sagten. Aber momentan gibt mir das noch was.

Insgesamt hat der Maler mit seinen Jungs und Mädels aber gute Arbeit geleistet. Insbesondere wenn man den straffen Zeitplan berücksichtigt. Dennoch hat uns der Maler gefühlt die meisten Nerven gekostet.

Die letzten Handschläge vor dem Umzug

Auch der Reinigungstrupp war inzwischen mit den Arbeiten fertig geworden und nach einer freundlichen Verabschiedung abgereist.

Haus fertig gestrichen, Leuchten und keine blanken Glühlampen mehr in den Räumen. Es fehlten im Obergeschoss noch Sockelleisten, zumindest dort wo später Schränke, ein Sideboard oder Bett stehen sollten. Um deren Anbau kümmerte ich mich dann, als alle weg waren.

Platt fiel ich dann im alten Zuhause in einen traumlosen Schlaf, aus dem ich dann gegen 4 Uhr erwachte:

Der Tag des Umzugs war gekommen!

3 Antworten

  1. Henric sagt:

    Ach John,

    der Passus mit den Möbelbauern hat mir wieder Tränen in die Augen getrieben (vor Lachen).
    Da bin ich ja froh, dass der Maler, welchen wir planen, zu nehmen, sich IMMER an seinen Zeitplan hält und auch ordentlich durchzieht. Wir haben ihn schon oft in unserer jetzigen Wohnung beauftragt.
    Aber gut, ein vorher noch so gut geplanter Plan kann immer in die Hose gehen.
    Ich glaub ich den Kreuzschlitzschraubendreher genommen, und ihn dem alten Fatke in den Ar… geschoben, Wahnsinn wie manche drauf sind. Sowas müsste man gleich entlassen, gibt genug Arbeitslose die sich über Jobs freuen.

    Jetzt habt ihr ja geschafft. Man hört os oft, dass das Gefühl, welches man hat, wenn man endlich in seinen eignen 4 Wänden ist, allen Stress und Ärger vorher wieder wett macht. Ich hoffe und wünsche euch, dass es bei euch auch so ist.

    Bis bald
    Henric

  2. Sandra sagt:

    Hallo John,

    ach herrlich es gibt aber auch immer so tolle Menschen die einfach den falschen Job haben.
    Wir malern selber, somit hab ich hoffnung das es alles rechzeitig gemacht wird.
    Das Gefühl endlich im Haus zu sein ist bestimmt unbeschreiblich.

    Ganz liebe Grüße

  3. Kolisch sagt:

    Liebe Susi, lieber John,
    auch ich möchte es nicht versäumen, Euch Beiden ganz herzlich zum Einzug in Euer „Traumhaus“zu gratulieren. Alleine der Name „Villa Lugana“ lässt mich dahinschmelzen. Wie ihr ja wisst, Reise ich seit Jahrzehnten nach Italien und war sofort von Eurem Anwesen begeistert. Für mich, als Liebhaber der Architektur von K. F. Schinkel, ist Eure Villa in meinen Augen klar strukturiert und ohne viel Schnörkel von außen zu betrachten. Fast schon eine Fortführung des Schinkelschen Pavillon in Charlottenburg. Habt ihr Beide super gemacht!
    Nun erstmal langsam ankommen und die neue Umgebung genießen. Auch wenn das eine oder andere, augenscheinlich noch nicht fertig ist, behoben werden müsste.
    Passend zu dem Namen Eurer Villa, wollte ich euch eine Flasche „Cà dei Frati I Frati Lugana DOC 2016“ zukommen lassen. Bitte Eure neue Anschrift aus Sicherheitsgründen – damit nicht weitere Leute vor Eurem Haus stehen und Ihr die Flasche mit denen teilen müsst – einmal an meinen E-Mail-Account weitergeben.
    Seit Beide ganz lieb gegrüßt, von einem, der bereits vor sieben Jahren den Schritt nach Brandenburg gewagt hat und in den Spreewald ausgewandert ist !

    Euer
    Peter

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