Da baut nun jemand ein Haus, bzw. lässt eines bauen. Das ist doch schon teuer genug, wozu um alles in der Welt muss man dann da noch eine Belüftungsanlage einbauen? Man kann zum Lüften doch auch die Fenster aufmachen. Oma hat das vor 50 Jahren schließlich auch schon so gemacht und das hat nix gekostet.

Omas Haus war nicht dicht

Genau das ist der springende Punkt. Durch die allgemeinen Bemühungen unsere Umwelt zu schützen und Energie einzusparen, sind wir dazu übergegangen unsere Häuser immer besser abzudichten. In Omas 20er Jahre Altbau pfiff noch der Wind durch die hölzernen und einfach verglasten Fenster, so dass Sie sich genötigt sah im Winter Decken an die Fenster zu legen oder Zuglufttiere zu häkeln.

Altes undichtes Fenster

Bei solchen Fenstern kann man auf eine Belüftungsanlage locker verzichten.

Auch die Außentüren schlossen nicht dicht und in der Außenwand der Küche wurden teils absichtlich Schlitze gesetzt, da Dunstabzugshauben noch kein Thema waren, irgendwohin aber der beim Kochen entstehende Wrasen entweichen musste.
Heute unternehmen wir einen riesigen Aufwand, um bloß sicherzustellen, dass man Oma nicht um das Häkeln eines Zuglufttieres bitten muss. Lieber die teuer aufgeheizte Luft im Haus behalten, als ständig kalte Luft aufheizen zu müssen. Statt einfachsten Fenstern mit Holzrahmen und Fensterkitt sind Kunststofffenster mit Gummidichtungen in Mode gekommen. Diese dann auch nicht mehr einfach, sondern gar dreifach verglast.
Auch Türen wurden, im Altbau dank Tesa Moll, abgedichtet.
Schwuppdiwupp war das Haus schon ganz schön dicht.

Wo kommt bloß der Schimmel her?

Die Freude über das dichte Heim währte nicht lang, denn auf einmal bildete sich Schimmel. Warme Luft kann sehr viel Feuchtigkeit speichern, die wir durch unsere Atmung, Kochen und Wäschetrocknen an Sie abgegeben haben. Ist die Luft erst einmal mit Feuchtigkeit gesättigt und gelangt sie dann an eine Stelle, die etwas kälter ist, schlägt sich dort die Feuchtigkeit nieder und das Schimmelwachstum kann beginnen.
Gute Vermieter wissen, dass hieran immer der Mieter schuld ist, er lüftet einfach nicht ausreichend. Mehrmals täglich für 5 Minuten mit weit geöffnetem Fenster, dann hat man keinen Schimmel.
Dass das nicht immer die Ursache ist, haben wir in unserer alten Wohnung jahrelang miterlebt. Trotz akribischster Lüftung gab es Wände, die im Winter so kalt waren, dass diese nie trocken wurden. Hier hätte der Eigentümer etwas Geld für die Dämmung der Gebäudehülle investieren müssen, was dann aber seine Rendite geschmälert hätte.
Ist baulich alles in Ordnung, so ist mangelhafte Lüftung tatsächlich die Hauptursache für Schimmel.
Irgendwie schon doof, da hat man nun sein schönes top gedämmtes und superdichtes Haus und muss nun wegen der Angst vor Schimmel ständig die Fenster sperrangelweit öffnen, um Feuchtigkeit loszuwerden. Da geht sie dann hin unsere feuchte, aber teuer aufgeheizte und durch aufwendige Dämmung vor Abkühlung geschützte Luft.
Das hört sich nicht nach der Weisheit letzter Schluss an. Aus diesem Grund wurde, so sind wir halt in Deutschland, eine entsprechende Norm geschaffen (DIN 1946-6), die vorgibt, dass für neue oder modernisierte Gebäude ein Lüftungskonzept erarbeitet werden muss. Die spannenden 😉 Details hierzu lasen sich bei Wikipedia  nachlesen.
Entsprechend dieser Norm muss nun die Grundlüftung einer Wohnung oder eines Hauses nutzerunabhängig funktionieren. Es mussten also technische Lösungen her, die sicherstellen, dass auch in hochdichten Gebäuden ein Mindestluftaustausch gewährleistet ist.

Fensterfalzlüfter

Fensterfalzlüfter stellen eine einfache und günstige Möglichkeit dar,  den Mindestluftaustausch zu gewährleisten. Hierbei werden spezielle Bauteile, wie z.B. REGEL-air in den Fensterrahmen eingebaut. Über diese Bauteile strömt kalte und damit weniger Feuchtigkeit enthaltende Außenluft von unten in einen Lüftungskanal im Fensterrahmen ein. Im oberen Bereich des Fensterrahmens existiert eine Öffnung in den Innenraum, über den die auf dem Weg durch den Fensterrahmen bereits vorgewärmte Luft dann in den Innenraum strömen kann.

Vorteile:

  • Kostengünstig
  • Wartungsfrei
  • Benötigt keinen Strom
  • Geräuschlos

Nachteile:

  • Alle Räume werden gleichartig be- und entlüftet.
  • Keine Anpassung des Volumenstroms möglich. Sind viele Personen anwesend oder hat man einen großen Berg Wäsche zum Trocknen auf dem Ständer, muss dennoch das Fenster zum Lüften geöffnet werden.
  • Pollen können über die Öffnungen in den Innenraum gelangen.
  • Ineffiziente Wärmeenergierückgewinnung

Dezentrale kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmeenergierückgewinnung

Eine Alternative, die dann nicht mehr ganz so günstig ist, stellt eine dezentrale KWL dar. Hierbei verbleiben die Fensterrahmen unangetastet, stattdessen wird in jedem zu belüftenden Raum ein Lüfter in die Hauswand eingelassen. Über einen bei den meisten Geräten vorhandenen, kleinen Wärmetauscher wird dafür gesorgt, dass die warme und feuchte Abluft bereits die kalte und trockene Außenluft vorwärmt.

Vorteile:

  • Nachrüstung in Bestandsbauten machbar.
  • Bei Beschränkung auf einzelne Räume günstiger als eine zentrale KWL.
  • Wärmerückgewinnung effizienter als Fensterfalzlüftung.

Nachteile:

  • Jeder Lüfter benötigt eine Stromversorgung.
  • Die Fassade des Hauses wird an jedem belüfteten Raum durch eine Öffnung verunstaltet.
  • Der Wirkungsgrad der einzelnen Lüfter ist vergleichsweise schlecht.
  • Der Wartungsaufwand ist hoch, da Luftfilter in jedem belüfteten Raum getauscht/gereinigt werden müssen.
  • Lüfter verursachen Laufgeräusche.
  • Folgekosten durch Filtertausch und Wartung.
  • Raumluft kann im Winter zu trocken werden.

Zentrale kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmeenergierückgewinnung

Bei der zentralen KWL werden weder die Fensterrahmen verändert, noch die Hauswand in allen Räumen durchlöchert. Stattdessen wird die Zentraleinheit der KWL im Hausanschlussraum im Keller oder EG, teils auch im Dachboden untergebracht. Hier wird die Gebäudehülle dann jeweils für Abluft und Zuluft ein Mal durchbrochen.

Von diesem Kasten führen neben Zu- und Abluft diverse Rohre unsichtbar in Estrich, Trockenbaudecke und Wänden versteckt, in die einzelnen Räume des Hauses. Während Feuchträume, wie Küche und Bäder entlüftet werden, werden Wohn- und Schlafräume belüftet. Die Abluft aus den Feuchträumen wird über einen Wärmetauscher geführt, der dann die Zuluft für die Wohnräume vorwärmt. Damit das Ganze funktioniert muss sichergestellt sein, dass auch bei geschlossenen Zimmertüren ein Luftaustausch möglich ist. Logisch, denn würde die Badezimmer luftdicht abschließen, könnte man sehr schlecht Luft absaugen. Aus diesem Grund werden die Zimmertüren entweder unten leicht eingekürzt oder aber über eine unsichtbare Zargenhinterlüftung absichtlich undicht gehalten. Dadurch kann dann Luft in das Bad nachströmen.

Während die Absaug- und Ausströmöffnungen bei Fertighäusern auch mal in der Wand sitzen, enden diese sonst üblicherweise in der Decke. Im Obergeschoss, bei nicht so hoch betriebenem Aufwand auch im Boden.  Über eine zentrale Bedieneinheit oder aber vollautomatisch über die Einbindung in eine Hausautomationslösung, wie z.B. KNX, Loxone usw., kann dann das Maß des Luftaustauschs angepasst werden.

Vorteile:

  • Geräuschlos realisierbar.
  • Die Hausfassade wird nicht durch Lüftungsöffnungen in jedem Raum verunziert.
  • Wärmetauscher und Lüfter sind effizienter als die von dezentralen KWL.
  • Gut in eine Hausautomationslösung (Smarthome) einbindbar.
  • Flexible Anpassung des Luftaustauschs über verschiedene Lüftungsstufen.
  • Einbindung von Pollenfiltern möglich.
  • Optionale Kühlaufsätze ermöglichen die Kühlung des Hauses im Sommer.

Nachteile

  • Hohe Investitionskosten.
  • Folgekosten durch Filterwechsel und regelmäßige Wartung.
  • Eventuell Rohbauerhöhung notwendig, da sich der Boden und Deckenaufbau wegen der Luftführung erhöht.
  • Im Winter besteht die Gefahr des Austrocknens der Raumluft, wenn kein Entalphiewärmetauscher zum Einsatz kommt.

Fazit Belüftungsanlage

Die meisten Firmen, die uns Häuser anboten, boten mit diesen auch zentrale Be- und Entlüftungsanlagen an. Nur Roth Massivhaus war  eine Ausnahme, hier ist üblicherweise eine Fensterfalzlüftung vorgesehen. Von dem Gedanken nicht mehr manuell lüften zu müssen und so sowohl Pollen, also auch fliegendes und kriechendes Getier im Garten zu belassen, waren wir schnell überzeugt. Da wir in unserer KfW 55-Wohnung bereits eine Fensterfalzlüftung nutzen, wussten wir, dass uns diese nicht genügen würde. Zu oft öffne ich selbst die Balkontür, um frische Luft hereinzulassen. Ist die Wohnung voll, weil Familie und/oder Freunde da sind, muss die Tür, auch im Winter, ständig geöffnet werden, da sich die Raumluft dank prächtiger Dämmung zu sehr aufheizt.

Es blieb die Auswahl zwischen dezentraler und zentraler Lüftung. Hier sahen wir in der dezentralen KWL keinerlei für uns treffende Vorteile. Bei reinen Gerätepreisen von 500€ bis 800€ je Raum für gute Systeme, zzgl. Einbaukosten und Elektroanschluss ist auch eine dezentrale KWL kein Schnäppchen mehr. Der Mehrwert, den uns eine zentrale KWL voraussichtlich bescheren wird, scheint uns für die voraussichtlichen Gesamtkosten von rund 11.000€ angemessen. Auch die Außenansicht des Hauses wird nicht durch Lüftungsgitter neben jedem Fenster beeinträchtigt werden. Der Austausch der Luftfilter wird zentral im Hausanschlussraum erfolgen können. Dadurch, dass die Ventilatoren in diesem Raum untergebracht sind, werden wir auch akustisch nicht von der Anlage genervt werden.

Zusammen mit der von uns geplanten Hausautomation per Loxone werden wir darüber sogar die Möglichkeit haben die Absaugung im Bad nach dem Duschen automatisch höherzufahren, so dass die Luftfeuchtigkeit hier schnell verringert wird und die Spiegel frei bleiben. Im Sommer lässt sich durch das Überbrücken des Wärmetauschers (Bypass), nachts kühle Luft ins Haus holen. Und dadurch, dass die Fenster nicht geöffnet werden müssen, auch länger kühl halten.

In Bezug auf die spätere Nutzung eines Kamins sorgt eine KWL allerdings für einigen Mehraufwand, den man aber anscheinend gut in den Griff bekommen kann.

Die Zukunft wird zeigen, ob die zentrale Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmeenergierückgewinnung für uns hält, was sie verspricht.

9 Antworten

  1. Hallöchen,
    super Beitrag!
    Pro oder Contra KWL – da sind wir uns auch nocht nicht 100%ig schlüssig. Zu Beginn waren wir dafür, nach Langzeitbetrachtungen ,-berechnungen sind wir aktuell dagegen.

    Wie ist denn Euer Wandaufbau? Welche Baustoffe sollen verwendet werden?

    Viele Grüße

    • Admin sagt:

      Vielen Dank. Das ist interessant.
      Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird es bei uns Porenbeton werden.
      Links zu den angeführten Berechnungen und Langzeitbetrachtungen würden wir spannend finden.
      Zu welchem Schluss kommt ihr denn? Keine KWL und stattdessen Fensterfalzlüftung und manuelles Lüften?
      Es ist durchaus wahrscheinlich, dass die KWL die initialen Anschaffungskosten nicht an Energieersparnis einfahren wird. Für uns geht es bei der zentralen KWL aber vor allem um Komfort.
      Hätten wir immer die wirtschaftlich effizienteste Variante im Kopf, hätten wir uns wohl auch für eine Brennwerttherme entscheiden müssen. 😉

  2. Wir haben kein Dokument dazu erstellt. Wir haben uns mit einem Bekannten Heizungsinstallateur darüber unterhalten und er hat uns das mal aufgezeigt.
    Eine KWL mit Wärmerückgewinnung amortesiert sich durch den Strompreis nicht. Die Wärme die beim Lüften verloren geht, ist natürlich je nach Lüftungslänge etc individuell und da nicht, zahlenmäßig, berücksichtigt.

    Dass Ihr vor allem den Komfort im Vordergrund seht ist auch, finden wir, neben der Wirtschaftlichkeit, der wichtigere Punkt. Man soll sich ja wohlfühlen.

    Hausbaufirmen haben uns versichert, wenn man sein Haus nicht als Wärmeverbundsystem baut, keine Schimmelbildung entsteht. Natürlich muss trotz der diffusionsoffenen Baumaterialien gelüftet werden, aber nicht in solch einem Maß wie bei einem WDVS.

    Uns schreckt bei einer KWL nicht die Anschaffung ab sondern eher die Wartung und der Gedanke, dass sich Dreck in den Filtern absetzt und im Haus verteilt wird. Die Wartungskosten sind schwer zu planen (im Internet haben wir keine konkreten Übersichten gefunden), die bei der wirtschaftlichen Betrachtung natürlich auch noch dazukommen.
    Mal ein Fenster zu öffnen und frische Luft hinzulassen finden wir eigentlich sehr schön. Natürlich passiert das im Winter weniger, damit die Wärme nicht flöten geht. Wir haben nicht unbedingt Angst vor Schimmelbildung, wir mögen einfach gerne frische Luft. Leider sind wir uns auch noch nicht sicher was wir wollen.
    Aktuell sind wir bei einem NEIN KWL. Allerdings, sind seit diesem Jahr die ENEV2016 relevant und, wir wissen es nicht genau, aber es kann sein, dass uns durch die neuen Standards die Entscheidung genommen wird und man eh eine KWL verbauen muss.

  3. Nach eurem Beitrag „Bauherrenberater“ lese ich, dass ihr ein WDVS haben werdet – demnach würde ich doch stark eine KWL empfehlen. Wobei ich auch glaube, dass man auch eine haben muss. Durch die Dampfsperre kann das Haus keine Feuchtigkeit tauschen, da ist die KWL notwendig.

  4. Nathalie sagt:

    Guter Artikel zum Thema! Bei uns war die Entscheidung nicht schwer da wir ein PassivHaus bauen und unser Bauträger NUR diese KWL verbaut. .. Ich bin gespannt wie das Leben mit soeiner aktiven Wohnraumlüftung von Statten geht…

  5. Stefan sagt:

    Hey,

    wie ist das mit dem Thema Auslässen bei euch? IM EG aus der Decke und wo sind die bei euch im OG geplant? Wand, Decke, Fußboden?

    Gruß
    Stefan

    • John sagt:

      Moin Stefan. Wir haben eigentlich im EG mit Zuluft und Abluft in der Decke, sowie Zuluft im OG im Boden und Abluft in der Decke geplant.

      Tatsächlich gab es dann seitens Roth die Anpassung, auch im EG die Zuluft über den Boden auszuführen.

      Nach anfänglichem Widerstand, haben wir uns dann damit angefreundet. Zuluft in der Wand wollten wir ohnehin nicht. Außerdem hätten die Wände dann dicker ausfallen müssen.

      Gruß
      John

      • Stefan sagt:

        Genau das ist bei uns auch gerade in der Diskussion. IM EG kommt beides aus der Decke. Im OG wollen wir Zu- und Abluft aus der Wand, da wir die Bodenauslässe nicht so pralle finden. Statt wie bei einem anderen Haus von Roth nur eine Wand auf 17,5 aufdicken zu lassen, sollen wir mal eben überall im OG die dickeren Wände lassen… das schlägt dann schon wieder mit knapp 2k zu buche…

      • John sagt:

        Wir finden inzwischen die Lüftungseinlässe im Boden ganz gut. Macht für uns aus akustischen und optischen Gesichtspunkten am meisten Sinn. Nicht auszudenken, die kunstvoll gestalteten Wände würden dann durch Lüftungsgitter verschandelt 😉

        Ich war recht erstaunt wie komplex der Belüftungsplan aussieht. Je nach Grundrissituation ergeben sich da gar spektakuläre Leitungsführungen, die Anpassungen an Orten erfordern, an die man vorher im Traum nicht gedacht hätte.
        Eventuell kommt daher der Vorschlag das gesamte OG dicker zu mauern. Wenn dann das OG komplett aus 17,5ern bestehen soll, muss die Statik im EG das ja auch hergeben. Kann mir vorstellen, dass das tatsächlich kostet, auch wenn die Steine kostenmäßig vernachlässigter wären.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert