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Hausautomation: KNX oder Loxone, was soll es werden?

Elektroverteilung Loxone

Elektroverteilung

Wie ich schon berichtete, soll unser Haus eine zeitgemäße, weil intelligente Elektroanlage erhalten. Wenn man sich auf die Suche nach geeigneten Technologien für die Hausautomation begibt, stolpert man schnell über die Begriffe KNX und Loxone. Im Folgenden möchte ich teilen, was es mit diesen Systemen auf sich hat und für welches wir uns entschieden haben.

Unangefochtener Platzhirsch in Sachen Hausautomation, Smarthome bzw. Bussystem ist KNX, welches unter anderem aus dem älteren Standard EIB hervorging.

KNX

KNX beschreibt einen herstellerübergreifenden Standard der Gebäudetechnik, der zum Ende der 90er Jahre verabschiedet wurde. Jeder namhafte Hersteller aus der Gebäudetechnik hat KNX Komponenten im Angebot.

Dreh und Angelpunkt bei KNX ist der namensgebende Datenbus. Anders als in der klassischen Elektroinstallation wird ein Taster hier nicht mit einer Netzspannung führenden Leitung, sondern einem Buskabel angeschlossen, welches 29V Gleichspannung führt. Verbraucher, wie Lampen, Steckdosen oder Rolladenmotoren werden ihrerseits über sogenannte Aktoren an das Stromnetz angeschlossen. Die Aktoren wiederum sind ebenfalls an den KNX-Bus angeschlossen.

Jeder Sensor und Aktor an diesem Bus ist ein Teilnehmer in einem Kommunikationsnetz und kann über seine Individuelle Adresse angesprochen werden. Dadurch kann durch einfache Änderung der Programmierung (Parametrierung) ein Taster, der eben noch einen Aktor steuerte, um darüber eine Leuchte zu schalten, im nächsten Moment einen anderen Aktor zum steuern z.B. eines Rolladenmotors ansprechen.

Bis hierhin hat es noch nicht sonderlich viel mit Hausautomation oder Smarthome zu tun. Erst durch Produkte wie z.B. den Homeserver von Gira bekommt das in den 90ern entwickelte System, Intelligenz auf dem heutigen Stand der Technik eingehaucht.

Pro KNX

KNX hat im Neubau gegenüber den meisten anderen Systemen folgende Vorteile:

Herstellerübergreifender Standard

Würde ein Unternehmen, welches KNX Produkte herstellt vom Markt verschwinden gäbe es noch einen Haufen anderer, von denen man Komponenten erwerben könnte, um z.B. einen defekten Taster zu tauschen. Hierbei können alle KNX-zertifizierten Geräte mit allen anderen zertifizierten Geräten zusammenarbeiten.

KNX ist Elektrikers Liebling

Der Elektriker kann sämtliche Komponenten von dem Hersteller und bei dem Großhändler  kaufen, der ihm zusagt. Bis auf die Parametrierung ändert sich für den Elektriker recht wenig. In der Regel ist es nicht weiter schwer einen Elektroinstallateur zu finden, der sich mit KNX auskennt.

Kein Single Point of Failure

Bei KNX gibt es keine zentrale Intelligenz, die den einzelnen Komponenten sagt was sie zu tun haben. Vielmehr lauscht jeder Aktor auf dem Bus nach Befehlen, die ein beliebiger Sensor sendet. Gibt ein Aktor den Geist auf, ist auch nur dieser Aktor defekt und beeinträchtigt die daran angebundenen Verbraucher, wie Leuchten und Steckdosen. Der Rest des Systems bleibt unbetroffen. Gleiches gilt für Sensoren wie Taster oder Präsenzmelder.

Kontra KNX

Hohe Kosten 

Ohne besonders spannende Dinge tun zu wollen, erreicht man bei KNX in Windeseile einen Aufpreis zur klassischen Elektroanlage von jenseits 15.000€. Dabei kann die Anlage dann noch nicht wesentlich mehr, als die klassische Elektroanlage. Von einer Steuerung via Tablet, Smartphone oder Webinterface oder gar Intelligenz darf man dabei dann noch immer träumen.

Nicht nur die sternförmige Verkabelung der Verbraucher verursacht durch mehr Leitungsmeter höhere Kosten. Besonders die teils sehr hohen Kosten für Sensoren und Aktoren treiben hier den Preis.

Auch die Möglichkeit die Anlage zu parametrieren hat ihren Preis, da die hierzu notwendige Software, ETS, auch einen stolzen Preis hat. Mit einem Kniff lässt sich auch eine nicht ganz kastrierte Version ETS Lite kostenlos beziehen. Für umfangreiche Installationen, ist diese allerdings noch immer zu sehr beschränkt, um angenehm damit arbeiten zu können.

Grund genug auch über den Tellerrand zu schauen.

Loxone

Loxone ist der Name eines österreichischen Unternehmens, welches das gleichnamige Produkt Loxone rund um den Loxone Miniserver vertreibt. Dieses hat in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. So zeigt es sich im Vergleich zu KNX nutzerfreundlicher bei der Programmierung. Intelligenz, die bei KNX erst durch z.B. den Gira Homeserver nachgerüstet werden muss, bringt Loxone von Hause aus mit.

Im Gegensatz zu KNX handelt es sich bei Loxone nicht um einen herstellerübergreifenden Standard, sondern um eine proprietäre Lösung eines Anbieters. Sollte Loxone vom Markt verschwinden und eine Loxone Komponente müsste ersetzt werden, könnte es unter Umständen schwer bis unmöglich werden, Ersatzteile zu erwerben.

Dies stellt zugleich den größten Nachteil dieser Lösung dar.

Details zur Technik

Beim Miniserver handelt es sich im Wesentlichen um eine SPS (Speicher Programmierbare Steuerung), die durch sogenannte Extensions um zusätzliche Funktionen erweitert werden kann. Anders als bei KNX, stellt der Miniserver die zentrale Instanz in der Elektroanlage dar. Klassisch werden bei Loxone die Leitungen aller Sensoren und Verbraucher sternförmig in die Verteilung verlegt und dort an den Miniserver und seine Extensions angeschlossen. Gegenüber KNX, bei dem nur die Verbraucher sternförmig in die Verteilung verkabelt werden und die Sensorik linienförmig an die Busleitung angeschlossen wird, erfordert Loxone hier einen höheren Verkabelungsaufwand.

Erst mit dem Erscheinen der Tree Extension im Jahr 2016, hat Loxone sein eigenes Bussystem geschaffen, welches eine linienförmige und damit leitungssparende Anbindung der Sensorik gestattet. Mit der Nutzung des Loxone Tree geht allerdings eine weitere Bindung an den Hersteller Loxone einher. Loxone Tree Taster können nur durch ebensolche getauscht werden.

Darüberhinaus gibt es noch Loxone Air. Loxone Air Komponenten bilden hierbei ein vermaschtes Funknetz (Mesh Netz). Mesh Netze zeichnen sich dadurch aus, dass jeder Teilnehmer im Mesh Netz die Reichweite des Netzes erhöht.  Die Teilnehmer müssen nicht, wie z.B. bei WLAN zwingend mit der Basis kommunizieren, sondern nehmen auch mit einem anderen Teilnehmer vorlieb.  Loxone Air Komponenten sind also per Funk mit dem Miniserver verbunden und kommen gänzlich ohne Steuerleitungen aus. Anwendungsbereich hierfür im Neubau ist z.B. die Anbindung von Rauchmeldern, Wassersensoren oder Reedkontakte, die z.B. geöffnete Fenster melden.

Viele Nutzer des Loxone Miniserver setzen darauf, dass der Miniserver im Standard auch KNX Unterstützung mitbringt. So ist es weit verbreitet, dass KNX-Sensorik einen Loxone Miniserver mit Schaltbefehlen versorgt.

Pro Loxone

Loxone bietet gegenüber KNX einige Vorteile.

Günstig

Der Einstandspreis für einen Loxone Miniserver liegt zusammen mit der benötigten Spannungsversorgung bei unter 600€. Sternförmige Verkabelung und zusätzliche Extensions sind nicht umsonst zu haben, bieten jedoch weitaus mehr Möglichkeiten bei einem insgesamt niedrigeren Preis, als KNX. Nicht umsonst setzen manche KNX-Nutzer dank Kompatibilität zu KNX, beim Thema Intelligenz und Visualisierung auf den Miniserver von Loxone, anstatt auf Giras Homeserver.

Einfach zu Programmieren

Im Gegensatz zu KNX bringt Loxone seine Programmierumgebung kostenlos mit. Diese ist vergleichsweise leicht zu erlernen und bietet durch vorgefertigte Bausteine schnelle Erfolgserlebnisse für den Anwender. So ist es z.B. nur eine Fingerübung eine einfache Alarmanlage auf Basis von Loxone bereitzustellen. Auch wenn hierfür keine anerkannte Zulassung besteht, nervt es einen Einbrecher sicher gehörig, wenn auf einmal sämtliche Leuchten anfangen zu blinken und zeitgleich lautstark Musik ertönt.

Fast unbegrenzte Möglichkeiten

Die Vielzahl an verfügbaren Erweiterungen und vielfältige Projekte von Anwendern zeigen, dass der Phantasie kaum Grenzen gesetzt sind, ohne dass man sich gleich (nochmal) verschulden müsste.

Kontra Loxone

Partner sind spärlich gesät 

Findet man versierte KNX Partner an jeder Ecke, so ist die Auswahl bei Loxone etwas eingeschränkt. Dadurch, dass Loxone nach der Installation aber auch sehr gut selbst programmiert werden kann, wird dieser Umstand meiner Ansicht nach etwas abgemildert.

Single Point of Failure

Geht der Miniserver kaputt, dann geht in Sachen Elektrik kaum noch etwas. Zwar erhält man innerhalb kürzester Zeit ein Ersatzgerät, doch in der Zwischenzeit ist vom Smarthome nicht mehr viel übrig. Durch einige Vorkehrungen lässt sich auch diese Hässlichkeit in seiner Wirkung dämpfen.

Abhängigkeit von Loxone

Sollte das Unternehmen insolvent gehen und vom Markt verschwinden, hat man im Falle eines Defekts wahrscheinlich große Probleme an Ersatz zu kommen. Hat man von Anfang an auch auf Loxone Tree gesetzt und die Sensorik mittels Tree angebunden, kann das zum echten Problem werden.

Auch bezüglich der Unterstützung anderer Standards durch Loxone ist man von ihnen abhängig. Ende 2016 ging ein Aufschrei durch die Nutzerschaft. Die Österreicher schränkten die Unterstützung eines Standards (Modbus) so stark ein, dass dieser für einige Anwendungsfälle kaum noch nutzbar wurde. Nun, da Loxone sein eigenes Bussystem hat, kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch die KNX-Unterstützung irgendwann über die Wupper geht.

Unsere Entscheidung

Liest man den obigen Text kann man eigentlich nur zum Schluss kommen, dass KNX die bessere Wahl ist. Zumindest dann, wenn das Thema Geld keines ist mit dem man sich beim Bau herumschlagen muß oder wenn man von vornherein weiß, dass man auf keinen Fall irgendetwas selbst mit der Elektroanlage zu tun haben will.

Also haben wir uns für Loxone entschieden.

Hier nun aber eben nicht nur primär wegen des potentiellen Preisvorteils, sondern weil das Programmieren einer SPS, die der Miniserver nunmal ist, mir voraussichtlich wesentlich eher liegen wird als die Parametrierung von KNX.

Inzwischen bin ich halt eher ITler als Elektrofachkraft. Den Nachteilen und Gefahren der Entscheidung für Loxone kann man meiner Ansicht nach durch einige Vorsichtsmaßnahmen entgegenwirken. Der Verzicht auf Tree und dafür die sternförmige Verkabelung der Sensorik, ermöglich im Notfall die Nutzung anderer SPS Systeme, wie zum Beispiel von Wago. Oder aber man setzt auf KNX Sensoren und kann dann notfalls noch immer auf KNX umrüsten.

Zugute kommt uns, dass unser Bauträger, die Bau-Gmbh Roth, Loxone anbietet. Dadurch haben wir die begründete Hoffnung, dass der ausführende Elektrobetrieb sich hiermit auskennt. Von den Hausanbietern auf unserer Liste bot sonst nur die ELK Fertighaus GmbH, Loxone an. Kein Wunder, da sowohl ELK, als auch der Miniserver aus Österreich stammen.

Update

Inzwischen habe ich meinen Widerstand gegen den Loxone Tree aufgegeben. Der uns betreuende Elektroinstallateur verkabelt die Räume auch bei Nutzung von Tree, sternförmig. Erst weitere Tree Geräte im gleichen Raum, werden dann als Äste angebunden. Das gibt meiner ansicht nach ausreichend Flexibilität, sollte Loxone dann doch irgendwann mal vom Markt verschwinden.

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