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Des Bauherren Gefühlswelt – Teil 1

Wie man sich als Bauherr so fühlt.

Wie man sich als Bauherr so fühlt.

War man bis vor kurzem noch ein völlig „normaler“ Mietwohnungsbewohner, muss man sich inzwischen ehrlicherweise einige Veränderungen an sich eingestehen.

Man verhält sich ähnlich, als würde man Nachwuchs erwarten

Vergleichbar mit der Wandlung von Menschen, die nach der frohen Kunde, dass Nachwuchs im Anmarsch ist, kein anderes Thema mehr als den Nachwuchs haben, gibt es bei Bauherren von der Stunde der Entscheidung ein Haus errichten zu wollen kaum mehr andere Themen als: Hausbau
Teilweise nervt einen das dann sogar auch mal selber.

 

Werdende oder frischgebackene Eltern interessieren sich bekannterweise nur noch für innovative Kindernamen, die Einrichtung des Kinderzimmers, den KiTa Platz für den erst in  einigen Monaten schlüpfenden Nachwuchs, Pupstropfen, das richtige Tragetuch und Nasensauger, die es inzwischen auch mit Anschluss an Staubsauger gibt, man mag es kaum glauben.
Für Bauherren dreht sich das Leben um die Grundstücksuche, die Frage ob man Kalksandstein oder Porenbeton, vielleicht aber eher doch Blähton (den kennen zwar auch Eltern, allerdings in einem anderen Zusammenhang) wählen soll und wem man das Geld dann anvertraut, welches man meist gar nicht hat. Die Themenvielfalt ist schier unerschöpflich und hat man das eine Thema halbwegs verstanden, gibt es drei neue, die sich vor einem auftürmen. Man ist sozusagen schwanger mit einem Haus. Vorerst jedoch ohne die Rückenschmerzen.
Für Außenstehende ist das teilweise nur schwer zu ertragen.
Auch wenn unser Umfeld nach wie vor interessiert nachfragt, sind wir uns doch einig darüber, dass Sie nicht alle Details z.B. unseres Baugrundgutachtens interessieren. Beim Punkt Regenwasserversickerung angekommen, merkt man ganz schnell, dass man das Publikum irgendwo zwischen Geschiebemergel, schluffigen Sanden und Sickermulden verloren hat.
Überhaupt erweitert man seinen Wortschatz ungemein. Noch vor einem Jahr wussten wir mit Rigolen, Unterdruckwächtern, WDVS, geringmächtigen Schichten, DIBt, 1-Wire und DMX nichts anzufangen. Heute ist das anders.

Gefühlsschwankungen

Auch mit Gefühlsschwankungen hat man zu kämpfen. Besonders beim Thema Finanzierung wurde das deutlich. Zuerst hofft man, dass die auserkorene Bank denn auch zu den vereinbarten Konditionen eine Finanzierung gewähren wird. Erhält man dann das Schreiben, in dem einem mitgeteilt wird, dass man nun einen rechtsgültigen Darlehensvertrag geschlossen hat, beschleicht einen alsdann ein mulmiges Gefühl.

Hatte man eben noch die theoretische Möglichkeit so mir nicht dir nichts seinen Job zu kündigen, nach Argentinien auszuwandern und dort dann Straßenmusiker zu werden, ist man auf einmal verschuldet und fühlt sich an das Fleckchen Erde gebunden, dass man im Begriff ist zu erwerben.

Auf die Äußerung „Jetzt sind wir verschuldet!“, die einem Bekannten nach Leistung der Unterschriften auf den Darlehensvertrag in Gegenwart seiner Bankberaterin entglitt, entgegnete diese, „Nein, sie sind nun vermögend“. Das unbestimmt mulmige Gefühl hat es ihm nicht ausgetrieben.

Sobald die Finanzierung im Sack ist, kehren auch all jene latenten Ängste zurück, die man vorher mit dem Brustton der Überzeugung zur Seite wischte. Während sich das unerwartete Ableben der Bauherren günstig mittels Risikolebensversicherung, zumindest finanziell, auffangen lässt, bleiben der Verlust des Arbeitsplatzes, Berufsunfähigkeit und Siechtum als Angstgegner bestehen.

Interesse an Werbung für vorher uninteressante Produkte

Plötzlich wird man anfällig für Werbung, die bislang völlig an einem vorübergangen war. Angefangen mit den wöchentlichen Prospektsammlungen im Briefkasten. Wanderten die Werbebroschüren der Baumärkte bisher annähernd unbeachtet im Altpapier, sind die Angebote für Doppelstabmattenzäune, Terrassenplatten, Gartenhäuschen und Heimwerkerkurse, die einen den Bau von Terrassen näherbringen sollen, nun von großem Interesse.
Entlockte einem Fernsehwerbung von Marken wie Gardena bisher nur ein Gähnen, ertappt man sich nun auf einmal dabei die derzeit beworbene Teleskopastschere ganz praktisch zu finden.

Der Körper beginnt sich zu verändern

Obwohl ich davon bisher noch nichts gemerkt habe, wird behauptet, dass der typische Bauherr während der Bauphase abnimmt. Ob dies an der gesteigerten körperlichen Aktivität liegt oder daran, dass man sich nichts mehr zu Essen leisten kann wird hierbei allerdings nicht überliefert. Ich werde mein Wiegeergebnis im Auge behalten.

Man bekommt plötzlich beunruhigende Post

Gestern erhielten wir dann noch einen Brief von der Justizkasse Brandenburg.
Erster Gedanke: Mist, sind wir irgendwo geblitzt worden?
Auf der Rückseite des Schreibens dann aber die Aufklärung. Das Amtsgericht hätte gerne die Auflassungsvormerkung und den Grundbuchauszug vergütet. Kostet mit 143€ zwar mehr als ein moderater Geschwindigkeitsverstoß, bringt uns aber in unserem Projekt voran.
Ich werde mich noch einige Zeit an das Gefühl erinnern, als der Adrenalinstoß langsam abebbte.
Andere Bauherren haben uns schon vorgewarnt, dass man sich an beunruhigende Briefe und Rechnungen mit fünfstelligen Summen gewöhnen muss. Eltern haben es hier besser, die müssen nur blaue Briefe fürchten.
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